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Minarett-Initiative führt zu Ausgrenzung

St. Gallen. Am 29. November kommt die Volksinitiative „Gegen den Bau von Minaretten“ zur Abstimmung.

Folgende Medienmitteilung im Wortlaut:

Der Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen empfiehlt den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern die Initiative abzulehnen.

Vor vier Jahren haben Vertreterinnen und Vertreter von Stadt und Kanton St.Gallen sowie ver-schiedener christlicher und nichtchristlicher Glaubensgemeinschaften die „St.Galler Erklärung“ unterzeichnet. Zu den Erstunterzeichnenden gehörte auch Pfarrer Dr. Dölf Weder, Präsident des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen. Die Erklärung hält Grundlagen fest über das „Zusammenleben der Religionen und den interreligiösen Dialog“. So heisst es etwa in Abschnitt d: „Wir suchen unsere religiöse und kulturelle Identität nicht durch Abschottung oder Ausgrenzung zu wahren, sondern wir wollen sie in ein dialogisches Zusammen-leben einbringen. Wir setzen uns ein für eine vielfältige, aber bestmöglich integrierte Gesellschaft auf der Basis grundlegender humanitärer Werte und demokratischer Rechtsstaatlichkeit.“

Der Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen ist überzeugt, dass ein Bauverbot von Minaretten genau zu jener Ausgrenzung einer einzelnen Religionsgemeinschaft führen würde, wie sie gemäss „St.Galler Erklärung“ nicht vorkommen darf. Denn im Kern der Ini-tiative geht es nicht lediglich um das Verbot eines religiösen Bauwerkes, sondern um die Beschnei-dung des Rechts jeder Religionsgemeinschaft, ihrem Glauben öffentlich sichtbar Ausdruck zu ver-leihen.

Die in Teilen der Bevölkerung spürbare Verunsicherung vor dem Fremden, die Sorge um den Ver-lust der eigenen Identität bis hin zur Furcht vor Gewalt nimmt der Kirchenrat sehr ernst. Er ist jedoch überzeugt, dass die Initiative nicht die geeignete Antwort auf diese Ängste geben kann. Durch das Bauverbot von Minaretten können weder radikal-religiöse Ansichten unterbunden noch sicherheitspolitische Probleme gelöst werden.
Nicht Verbote schaffen Verständnis, sondern der Dialog. Dies hat uns unsere eigene Geschichte gelehrt. Machten sich doch Protestanten und Katholiken nach der Reformation auf einen langen beschwerlichen Weg – vom Gegeneinader, zum Nebeneinander, bis hin zum Miteinander.
Im „dialogischen Zusammenleben” können Missverständnisse und Konflikte abgebaut werden. Zum Umgang mit Andersgläubigen gehört etwa das ernsthafte Ringen um eigene Standpunkte und Überzeugungen – stets im Wissen um Unterschiede und Widersprüche. Integration kann nur dann gelingen, wenn wir uns respektvoll begegnen und alle Bevölkerungsgruppen und religiösen Ge-meinschaften bereit sind, kulturelle und religiöse Unterschiede gegenseitig zu respektieren.

Die Schweiz ist Teil einer sich ständig und immer rascher verändernden Welt. Globalisierung und weltweite Vernetzung haben die verschiedenen Weltregionen und Weltreligionen geographisch nä-her zueinander gebracht. Das zwingt die Weltgemeinschaft nach universellen Menschenrechten und Standards im Umgang mit Minderheiten zu suchen. Dazu gehört auch die Notwendigkeit, sich mit anderen Kulturen und Religionen auseinanderzusetzen.

Die evangelisch-reformierte Kirche setzt sich aus Überzeugung für eine offene Gesellschaft ein. Sie versteht sich als Kirche, die das Evangelium immer wieder in die Gegenwart übersetzt. Dazu sind Offenheit und Freiheit auf der Basis grundlegender Werte und demokratischer Rechtsstaat-lichkeit unabdingbar. Dass diese Werte in einigen anderen Ländern ungenügend beachtet werden, kann für uns kein Grund sein zur Diskriminierung einzelner gesellschaftlicher Gruppen oder Reli-gionsgemeinschaften.

St.GallenSt.Gallen / 01.10.2009 - 11:53:05