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Statt Postmarkt-Liberalisierung Ausbau des Post-Monopols

Der Bundesrat strebte mit der Vorlage des Postgesetzes eine einheitliche Marktordnung für alle im Postmarkt tätigen Unternehmen mit gleich langen Spiessen für alle Marktteilnehmer an. Diese Zielsetzung wird mit der aktuell im Nationalrat beratenen Gesetzesvorlage jedoch klar verfehlt.

Sollte der Nationalrat gegenüber den Kommissionsanträgen nicht noch entscheidende Korrekturen einbringen, bedeutet das Postgesetz einen grossen Rückschritt für die privaten Anbieter. Denn das Postmonopol würde gar noch ausgebaut und der heute bestehende Wettbewerb im Postmarkt nicht weiter geöffnet, sondern zusätzlich eingeschränkt.

Zugang zu Teilleistungen ungeklärt
Die Post arbeitet heute mit einer durch Monopolerträge finanzierten Infrastruktur. Diese durch die Öffentlichkeit finanzierte Infrastruktur gilt es bei einer Marktöffnung auch privaten Anbietern zugänglich zu machen, um für alle Marktteilnehmer gleich lange Spiesse zu schaffen. Der bundesrätliche Entwurf zum Postgesetz sieht deshalb einen diskriminierungsfreien, transparenten und zeitgerechten Zugang zu Teilleistungen der Post vor.

Zudem regelt es den Zugang zu den Postfachanlagen, definiert aber deren Preisgestaltung nicht. Wie die Erfahrungen aus der Liberalisierung des Telecom-Marktes und des Paketpostmarktes gezeigt haben, bilden aber gerade solche Unsicherheiten die Basis für jahrelange Rechtsstreitigkeiten, in der Regel auf den Buckel der Konsumenten.

Ohne klare Preisregelung im Gesetz bzw. ohne klar definierte Rekursmöglichkeiten gegen die Preisgestaltung der Post wird lediglich ein Pseudo-Zugang geregelt, der von privaten Anbietern nicht effizient genutzt werden kann. Den Zugang zu anderen Dienstleistungen und Infrastrukturen der Post – wie Annahmestellen und Sortieranlagen – lehnte die Kommission gar klar ab. Dieser Zugang wäre jedoch für die privaten Anbieter von entscheidender Bedeutung, um den Konsumentinnen und Konsumenten konkurrenzfähige Angebote unterbreiten zu können.

Nachtfahrverbot gilt weiterhin nur für private Anbieter
Zudem wurde das einseitige Nachtfahrverbot, welches die privaten Anbieter schon seit Jahren gegenüber der Post benachteiligt, nicht aufgehoben. Die Post kann somit weiterhin ihre Transporte nachts durchführen, was den privaten Konkurrenten nicht ermöglicht wird.

Von gleich langen Spiessen kann also auch hier keine Rede sein. Die zur Diskussion stehenden Regelungen der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) stehen der von Bundesrat und Ständerat angestrebten Öffnung des Postmarktes entgegen und verzerren den Wettbewerb im Postmarkt weiter zu Lasten privater Anbieter.

Unabhängige Adressverwaltung abgelehnt
Gerade im Wettbewerb der Briefzustellung spielt der Austausch von Adressänderungen eine bedeutende Rolle. Die Bearbeitung von Retouren kostet jährlich mehrere Millionen Franken. Somit ist der jederzeitige Zugang zu den korrekten Adressdaten für jeden Anbieter von Postzustelldiensten von entscheidender Bedeutung für seine Wettbewerbsfähigkeit.

Heute schon integriert die Post Dienstleistungs-Packages im Bereich der Adressmutationen und Briefretouren zu konkurrenzlosen Preisen zu Lasten der Direktmarketing-Dienstleister. Es ist unbestritten, dass eine zentralisierte Adressdatenbank im Interesse der Postkunden sinnvoll ist. Um allen Marktteilnehmern gleich lange Spiesse zu geben, muss diese Zentralisierung jedoch zwingend bei einer unabhängigen Organisation erfolgen, damit alle Konkurrenten zu gleichen zeitlichen und preislichen Konditionen auf diesen Dienst zurückgreifen können.

Die KVF-N lehnte den Antrag, dem Bundesrat die Möglichkeit zu geben, eine anabhängige Organisation mit der Adressverwaltung zu beauftragen, mit 13:11 Stimmen knapp ab. Damit würde die Post schweizweit zum alleinigen Herr über alle Adressdaten, eine Monopolstellung, die weder aus wirtschafts- noch aus staatspolitischer Sicht akzeptiert werden kann.

Kunden profitieren von Öffnung des Postmarktes
Die vorgeschlagene unbefristete Pause im Briefmarktöffnungsprozess ist völlig unnötig und daher zu bekämpfen. Ein Monopol im Postgeschäft ist nach übereinstimmender Meinung der Wissenschafter überflüssig. Zudem hat die Post selber mehrfach bekundet, dass sie auf die vollständige Öffnung des Postmarkets vorbereitet ist und gegen diesen nichts einzuwenden hat.

Wie die Öffnung im Paketmarktbereich gezeigt hat, gehören die Kundinnen und Kunden zu den klaren Gewinnern der Marktöffnung. Einerseits wurden die Dienstleistungen der Post durch den Druck der Konkurrenten innovativer und kundenfreundlicher, andererseits haben die Kunden von günstigeren Preisen profitieren können. Negative Folgen der Marktöffnung sind bisher keine bekannt.

Die Finanzierung der Grundversorgung ist gesichert
Die finanziellen Risiken der Grundversorgung werden in der politischen Diskussion in der Schweiz massiv überschätzt. Anstelle der erwarteten Verluste steigerten die meisten ausländischen Postgesellschaften ihre Ertragslage. Auch die Schweizerische Post konnte zwischen 2000 und 2008 ihren Gewinn versiebenfachen.

Die Grundversorgung ist dabei das zentrale Geschäft, indem über 90 Prozent des Gewinnes daraus stammen. Die Marktöffnung verbessert die flächendeckende Grundversorgung, denn ein landesweites Postnetz ist nicht nur ein Kostenfaktor, sondern ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil. Zudem ist die Finanzierung der Grundversorgung im Gesetzesentwurf gesichert.

Status Quo besser als Pseudoliberalisierung
Sollte das Postgesetz das Parlament gemäss den Anträgen der KVF-N passieren, so muss die Postmarktliberalisierung aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten und der privaten Anbieter als gescheitert bezeichnet werden.

Das Monopol der Post würde damit entgegen den Bestrebungen des Bundesrates weiter ausgebaut. Realistisch betrachtet wäre dann der Status quo für alle Beteiligten (ausser der Post) die bessere Lösung. Was Pseudoliberalsierungen für Konsequenzen haben können, haben wir im Fernmelde- und Energiebereich bereits schmerzhaft erfahren.

St.GallenSt.Gallen / 22.09.2010 - 07:38:29