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CVP Kanton St.Gallen fordert: «Kindgerechte Politik – jetzt!»

St.Gallen. Die CVP hat heute ihren Vorstoss vorgestellt, den sie in der Juni-Session einreichen wird. Darin geht es um das Thema «Kindgerechte Politik - jetzt!».

CVP-Fraktionspräsident Beni Würth, die Widnauer Kantons- und -Gemeinderätin Marlen Hasler und Kantonsrat Peter Boppart, Andwil, stellten den Vorstoss, den die CVP-Fraktion in der kommenden Juni-Session einreichen wird, vorgängig zusammen mit Kinderarzt und Buchautor Remo Largo den Medien vor.

Erste fünf Lebensjahre entscheidend
Entwicklungs- und Erziehungsexperte Remo Largo wies darauf hin, dass die ersten fünf Lebensjahre der Kinder entscheidend sind für ihren späteren persönlichen, schulischen und beruflichen Erfolg: «Viele Probleme, welche die Betroffenen und die Gesellschaft später teuer bezahlen, haben ihre Ursache darin, dass Kinder in ihren ersten Lebensjahren zu oft kein kindgerechtes Umfeld und keine angemessene Betreuung haben.» Dabei geht es nicht darum, dass die Eltern rund um die Uhr für ihre Kinder da sein müssten.

Vielmehr müssen die Kinder überhaupt Betreuung und vor allem genügend Gelegenheit haben, mit Gleichaltrigen und anderen Kindern in der Gruppe zu spielen und voneinander zu lernen. «Falsche Betreuung ist ebenso gefährlich wie gar keine Betreuung. Wir Eltern müssen und können den Kindern nicht alles geben. Die Sozialisierung der Kinder kann nicht durch die Eltern allein erfolgen», betont Remo Largo. «Unter ihresgleichen lernen Kinder soziales Verhalten: wie sie sich in der Gruppe durchsetzen, abgrenzen, aber auch solidarisch verhalten.» Für den bekannten Buchautor ist klar, dass Kinder schon in den ersten Lebensjahren mindestens an drei Halbtagen die Möglichkeit haben müssen, mit anderen Kindern in der Gruppe zu spielen: «Das ist entscheidend für ihre spätere Entwicklung.»

Lernschwächen, Sprachdefizite, Übergewicht
Kantonsrat Peter Boppart wies auf einige der angesprochenen «Reparaturbereiche» hin. Ein erschreckend grosser Teil der Kinder, die in den Kindergarten eintreten, leidet bereits an Übergewicht. Die Ursachen sind eindeutig: falsche und einseitige Ernährung sowie Bewegungsmangel. «Dies hat gravierende Folgen, nicht nur gesundheitlicher Art», hielt Peter Boppart fest. «Zu erhöhtem Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen, psychischen Folgen oder beeinträchtigter Lernfähigkeit kommen soziale Folgen wie Ausgrenzung und geringere Chancen auf eine Anstellung oder Lehrstelle.»

Ein grosser Teil der Kinder hat beim Eintritt in den Kindergarten auch bereits erhebliche Schwierigkeiten, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Eine Hauptursache dafür bildet übermässiger TV-Konsum: Laut Erhebungen schauen viele 3- und 4-Jährige eine bis zwei Stunden Fernsehen pro Tag. «Das sind bis zum Kindergarten-Eintritt gut und gerne 1000 Stunden», summiert Peter Boppart. «So ist es nicht erstaunlich, dass wir in der Volksschule immense Mittel für die Therapierung von Lernschwächen und sprachlichen oder motorischen Defiziten einsetzen müssen.»

Der Kanton und die St.Galler Gemeinden und Schulgemeinden wendeten allein für sonderpädagogische Massnahmen in der Volksschule – ohne Sonderschulen – im Jahr 2007 rund 75 Millionen Franken aus. Boppart rechnet um: «Das macht pro Jahr gegen 1500 Franken pro Schülerin und Schüler.» Ein grosser Teil davon wäre nicht nötig, wenn eine kindgerechte Entwicklung in den ersten Lebensjahren gewährleistet wäre.

Ebenso könnte die Zahl der Lehrabbrüche gesenkt werden. Heute werden zu viele Lehrverträge wieder aufgelöst. 2007 waren es im Kanton St.Gallen 843 von total rund 15‘700 Lehrverhältnissen. Rund 200 Jugendliche, also etwa ein Viertel, fanden nach dem Lehrabbruch keine Anschlusslösung. «Je länger dies so bleibt, desto grösser ist die Gefahr, dass ihnen jegliche Perspektive abhanden kommt. Sie werden schliesslich auf die Fürsorge angewiesen sein», befürchtet Peter Boppart.

Kinder-Offensive im ganzen Kanton
Während die Kinder früher in den familiären und dörflichen Netzen überall die Möglichkeit hatten, sich im regelmässigen Spiel in der Gruppe zu entwickeln, fehlen diese Gelegenheiten heute vielerorts. «Oft fehlen die Gspänli, oft aber auch der Freiraum dafür», stellte Kantonsrätin Marlen Hasler fest. «Deshalb muss die Politik ein spezielles Augenmerk legen auf intakte Familienquartiere, auf ein genügendes Angebot an Krabbel- und Spielgruppen sowie Krippen und auf gute Beratungs- sowie Austausch-Möglichkeiten für die Eltern.» Ebenso müssen die Bedürfnisse der Kinder beim Planen und Bauen immer mit berücksichtigt werden, damit die Kinder genügend Freiräume und Spielplätze finden.

Die CVP-Fraktion fordert deshalb in einer Motion, die sie in der Juni-Session einreichen wird, die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Finanzierung eines befristeten kantonalen Impuls-Programms, mit dem regionale Förderprogramme unterstützt werden. Diese sollen gezielte Anreize setzen, damit das Grundsatz-Angebot «mindestens drei Halbtage in der Spielgruppe oder in einer anderen betreuten Gruppe» im ganzen Kanton umgesetzt werden kann «Vielerorts besteht bereits ein gutes Angebot, das von privater Seite und von Freiwilligenarbeit getragen wird», betont Marlen Hasler. «Dieses soll besser vernetzt und, wo nötig, ausgebaut werden. Die Gemeinden sollen – allenfalls im regionalen Verbund – Konzepte ausarbeiten, wie die Zusammenarbeit gestärkt, das Potenzial besser genutzt und noch gezielter eingesetzt werden können.»

Zugleich ist für die CVP-Fraktion jedoch klar, dass aus der geforderten Kinder-Offensive keinesfalls mehr Bürokratie oder überhöhte Anforderungen an die Angebote resultieren dürfen: Die heutigen Qualifikationsanforderungen für Spielgruppenleitungen sind beizubehalten. Ebenso müssen die Angebote einer massvollen Tarifierung unterliegen, damit sie genutzt werden.

«Zwei Fliegen auf einen Schlag»
Damit will die CVP erreichen, dass Entwicklungsdefizite früh erkannt und korrigiert werden. So sollen weniger Kinder bereits mit Übergewicht und Konzentrationsschwächen in den Kindergarten eintreten. Zugleich sollen die Kinder bessere Sprach- und Deutschkenntnisse mitbringen. Schliesslich sollen mehr persönlicher, schulischer und beruflicher Erfolg resultieren.

CVP-Fraktionspräsident Beni Würth ist überzeugt: «Wenn wir die wirklichen Bedürfnisse der Kinder in ihren ersten Lebensjahren ernster nehmen, treffen wir zwei Fliegen auf einen Schlag. Wir ermöglichen vielen Kindern, ihr Potenzial besser zu entwickeln, und erhöhen damit ihre Zukunftschancen. Mit dieser Investition in die Zukunft der Kinder reduzieren wir zugleich die Misserfolgsrate und sparen damit massiv an Reparaturkosten, angefangen bei den sonderpädagogischen Therapie-Massnahmen in der Schule bis hin zu den Ausgaben von ALV, Sozialhilfe, Fürsorge und Justiz.»

St.GallenSt.Gallen / 27.05.2009 - 14:25:19