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«Ich denke positiv»

Herisau. Sozialmissbrauch sorgt für Wirbel. Kürzlich veröffentlichte appenzell24 ein Interview mit einem 59-jährigen Sozialhilfebezieher. Nun erzählt eine 26-jährige Herisauerin ihre Geschichte.

Mit 20 Jahren schloss S.D. ihre Lehre in einer Metzgerei in der Fachrichtung Veredelung erfolgreich ab, wurde danach weiterbeschäftigt und nach der Probezeit entlassen. Alle Anstrengungen, einen neuen Job zu finden, waren erfolglos. Während zirka zwei Jahren bezog sie schliesslich Arbeitslosengeld und wurde danach ausgesteuert. Im nächsten Jahr lebte S.D. von der Sozialhilfe und weiterhin folgte auf keine Bewerbung eine positive Antwort.

Mit 24 Jahren hatte die Herisauerin nun endgültig keine Lust mehr, ohne Arbeit durchs Leben zu gehen und fing bei der Stiftung Tosam im Bereich Recycling im WinWin-Markt an. Bei einem Pensum von 50 Prozent verdient sie hier fast 900 Franken. Dazu kommt seit einem halben Jahr der Lohn von 800 Franken, den sie für Putzarbeiten in einem Herisauer Restaurant erhält. Von ihren Gesamteinnahmen von 1700 Franken bezahlt S.D. die Mietkosten ihrer 2-Zimmer-Wohnung von 800 Franken inklusiv. Da ihr Lohn den vom Kanton vorgegebenen Grundbedarf übersteigt, erhält S.D. keine Beiträge von der Sozialhilfe mehr.

Wie muss man sich Ihren Alltag vorstellen?
Ich beginne morgens um 4.30 Uhr meine Putzarbeiten in einem Herisauer Restaurant und trete gleich anschliessend um 7.30 Uhr meinen Dienst im WinWin-Markt an. Da ich bei der Stiftung Tosam nur im 50-Prozent-Pensum angestellt bin, könnte ich nach dem Mittagessen nach Hause gehen. Oft kommt es aber, dass ich trotzdem bleibe und einfach überall helfe, wo es nötig ist. Zu Hause mache ich sowieso nichts Gescheiteres.

Wie muss man sich Ihren Lebensstandart vorstellen?
Meine Wohnung empfinde ich zwar als schön, aber ein Balkon fehlt mir schon. Ich besitze keinen Fernseher, dafür einen PC. Vor einiger Zeit konnte ich mir ein günstiges Auto kaufen, da ich mir von meinem Freund ein wenig Geld leihen konnte, dass ich jetzt nach und nach abzahle. Dieses Auto gibt mir ein Gefühl von Freiheit und war mir schon viele Male nützlich. Meine Freizeit gestalte ich möglichst kostenarm. So fahre ich beispielsweise oft Velo, gehe Schwimmen, spiele Fussball oder gehe Spatzieren. Meine Ferien verbringe ich, wenn überhaupt, am Bodensee. Ich weiss, dass es vielleicht Schöneres und Neueres zu entdecken gäbe, aber ich bin ein positiv denkender Mensch und nicht unglücklich mit meinem Leben. Eigentlich habe ich alles, was ich brauche.

Was machen Sie, um aus ihrer misslichen Lage herauszukommen?
Ich lese täglich die Stellenanzeigen und bewerbe mich auf offene Stellen – bisher erfolglos.

Was motiviert Sie, für 1700 Franken im Monat morgens aufzustehen?
Ich möchte nie wieder arbeitslos sein und nur so in den Tag hineinleben. Für mich ist der tägliche Rhythmus, den mir die Stelle im WinWin-Markt verschafft, sehr wichtig. Auch meinen Freunden und Bekannten ist aufgefallen, dass ich, seit ich wieder arbeite, viel aufgestellter und fröhlicher bin. Zudem habe ich hier viele Freunde gefunden und die Arbeit gefällt mir sehr gut.


Weitere Artikel zu diesem Thema:
«Monatslohn: 1600 Franken», (04.04.2007)
«Sozialmissbrauch ist Realität», (28.03.2007)
«Jeder Sozialhilfeempfänger ist einer zuviel», (13.03.2007)

Appenzell AusserrhodenAppenzell Ausserrhoden / 11.04.2007 - 14:11:00