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Justizreform: Umsetzung der Neuerungen am 1. Juni

St.Gallen. Vor einem Jahr haben die Stimmberechtigten zahlreiche Änderungen an der Gerichtsorganisation beschlossen. Diese sollen nun umgesetzt werden.

Am 1. Juni 2008 haben die Stimmberechtigten des Kantons St.Gallen zahlreiche Änderungen an der Gerichtsorganisation beschlossen. Genau ein Jahr später beginnt die nächste Amtsdauer der Kreisgerichte und der Schlichtungsbehörden. Die Vorbereitungsarbeiten sind weitgehend planmässig verlaufen; die neuen Kreisgerichte und die Schlichtungsbehörden sollten am 1. Juni für die Amtsdauer 2009/15 gerüstet sein.

Die vom Kantonsrat Ende 2007 verabschiedete und vom Volk in der Referendumsabstimmung vom 1. Juni 2008 angenommene Justizreform (IV. Nachtrag zum Gerichtsgesetz) stellte für das Kantonsgericht und insbesondere für die davon betroffenen Kreisgerichte eine grosse Herausforderung dar.

Für die Umsetzung des Vorhabens auf den 1. Juni 2009, das heisst auf Beginn der Amtsdauer 2009/15 stand nur eine relativ kurze Zeitspanne zur Verfügung. In einer ersten Phase musste die Organisation der Kreisgerichte den neuen Strukturen angepasst werden.

Neue Gerichtskreise

Die Gliederung des Kantonsgebiets in acht Gerichtskreise beruhte immer noch auf den Grenzen der Bezirke, die mit der neuen Kantonsverfassung abgeschafft wurden. Die Justizreform bringt die Kreisgerichte in Einklang mit den Wahlkreisen für den Kantonsrat. Einzig die Wahlkreise Werdenberg und Sarganserland bilden zusammen einen Gerichtskreis. Die «Region Gossau» (der ehemalige bis zum Jahr 2003 bestehende Bezirksgerichtskreis Gossau) wird in das Kreisgericht St.Gallen integriert.

Wil wird als Gerichtsstandort aufgehoben und mit dem früheren Bezirksgerichtskreis Untertoggenburg in Flawil vereinigt. Das Toggenburg wird einen einheitlichen Gerichtskreis mit Sitz in Lichtensteig bekommen. Die Gemeinde Eggersriet wird neu zu St.Gallen und die Gemeinde Thal zu Rorschach geschlagen. Die aus der Gemeindefusion hervorgegangene Gemeinde Neckertal wird zum Gerichtskreis Toggenburg gehören.

Neue Personalstrukturen
Mit der Justizreform wird nicht nur eine Angleichung der Gebietsstrukturen an die Wahlkreise angestrebt, sondern es wird auch eine Entflechtung der richterlichen Funktionen angestrebt und eine neue Kategorie von Kreisrichtern und Kreisrichterinnen geschaffen.

Das Kreisgericht wird neu von einem Präsidenten oder einer Präsidentin administrativ geleitet. Dem Kreisgericht gehören als Mitglieder in der erforderlichen Zahl festangestellte Richter und Richterinnen mit unterschiedlichen Arbeitspensen sowie nebenamtliche Richter und Richterinnen ohne feste Anstellung an.

Um die vorgesehene Entflechtung der richterlichen Funktionen zu erreichen, wurden Gerichtsschreiberstellen teilweise aufgehoben und in Richterstellen umgewandelt. Bei der Berechnung der personellen Kapazitäten für die neuen, gebietsmässig veränderten Kreisgerichte musste berücksichtigt werden, dass die bisherigen Arbeitsgerichte abgeschafft und neu durch Schlichtungsstellen für Arbeitsverhältnisse ersetzt werden.

Der Gesamtbestand der einzelnen Kreisgerichte ist im Kantonsratsbeschluss über die Zahl der Richter und Richterinnen festgelegt, wobei das Kantonsgericht im Rahmen der vorgegebenen Bandbreite die Einzelheiten regelt. Die sieben Kreisgerichte verfügen auf den Beginn der neuen Amtsdauer 2009/15 über sieben Präsidenten oder Präsidentinnen und über insgesamt 132 Richter und Richterinnen mit oder ohne feste Anstellung. Für eine Festanstellung stehen 46 Richterstellen (inklusive Präsidien) und 16.5 Gerichtsschreiberstellen zur Verfügung.

Neuer Wahlmodus für Richter und Richterinnen
Die Volkswahl der Kreisgerichte wird beibehalten. Weiterhin können nebenamtliche Laienrichterinnen und Laienrichter in die Kreisgerichte gewählt werden. Wählbar als Richter und Richterin sind alle Stimmfähigen im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Kreisgerichts. Neu wird der Kreisgerichtspräsident separat als solcher oder die Kreisgerichtspräsidentin als solche gewählt.

Neu müssen im Interesse der Qualitätssicherung fest angestellte Richter und Richterinnen zudem über eine juristische Ausbildung und wenigstens drei Jahre Berufserfahrung verfügen. Mit der Wahl der Richter und Richterinnen wird – mit Ausnahme des immer hauptamtlichen Kreisgerichtspräsidiums – nur die Zugehörigkeit zum Kreisgericht begründet; erst in einem zweiten Schritt ist es dann Aufgabe des Kreisgerichts, im Rahmen des vom Kantonsgericht vorgegebenen Stellenplans den Beschäftigungsgrad der einzelnen Richter und Richterinnen sowie ihr Tätigkeitsgebiet zu bestimmen.

Schlichtungsbehörden

Auf den Beginn der neuen Amtsdauer waren nicht nur die Kreisgerichte neu zu besetzen, sondern die Kreisgerichte hatten nach erfolgter Konstituierung auch noch die Wahl der Schlichtungsbehörden vorzunehmen. Bereits bisher wurde die Schlichtungsstelle für Miet- und Pachtverhältnisse durch die Kreisgerichte gewählt. Sowohl die neue Schlichtungsstelle für Arbeitsverhältnisse wie auch die neu in die kantonale Organisation überführten Vermittler und Vermittlerinnen werden durch die Kreisgerichte gewählt. Die Schlichtungsstelle für Klagen nach dem eidgenössischen Gleichstellungsgesetz wird durch das Kantonsgericht gewählt.

Selbständige Justizverwaltung
Mit der Justizreform wurde der Justiz ein hohes Mass an Eigenverantwortung übertragen. Kantonsgericht und Verwaltungsgericht sind neu für ihr Budget selbst verantwortlich. Die Justiz gewinnt damit nicht nur ein erhöhtes Mass an Unabhängigkeit, sondern wird damit auch stärker in die Verantwortung eingebunden. Dies zeigt sich auch in der Übernahme neuer Aufgaben, wird doch das Kantonsgericht künftig die gesamte Personaladministration für alle Gerichte und Schlichtungsbehörden zentral übernehmen und führen.

Neben den Neuerungen im Bereich der Budgethoheit ist der Justiz vom Kantonsrat zudem neu die Befugnis eingeräumt worden, durch Verordnung Vorschriften über Gebühren und andere Gerichtskosten, über Entschädigungen der nebenamtlichen Richter sowie über Entschädigungsansätze für Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständige und andere am Prozess mitwirkende Dritte zu erlassen.

Auf den Beginn der Amtsdauer 2009/15 werden deshalb die bisherigen regierungsrätlichen Verordnungen aufzuheben und durch die neuen Vorschriften von Kantonsgericht und Verwaltungsgericht zu ersetzen sein. Vor diesem Hintergrund hat das Kantonsgericht die Gerichtsordnung angepasst sowie eine (neue) Verordnung über die Schlichtungsbehörden erlassen.

Ferner haben das Kantonsgericht und das Verwaltungsgericht gemeinsam einen Gerichtskostentarif sowie eine Verordnung über die Entschädigung der nebenamtlichen Richter und Richterinnen erlassen. In letzterer wird beispielsweise die Entschädigung der Mitglieder der Schlichtungsstellen und der Vermittler und Vermittlerinnen geregelt.

Reibungsloser Übergang
Die Umsetzung der Justizreform wird in den wesentlichen Zügen am 31. Mai abgeschlossen sein, so dass die «neuen Kreisgerichte» und die Schlichtungsbehörden ihre Arbeit am 1. Juni aufnehmen können.

Es ist aber damit zu rechnen, dass auch über diesen Zeitpunkt hinaus unter dem Titel «Umsetzung der Justizreform» verschiedene Pendenzen bestehen bleiben werden. Dabei zu nennen sind beispielsweise die anstehenden dringlichen baulichen Erweiterungen im heutigen «Gerichtshaus» des Kreisgerichtes St.Gallen, die aber erst im Jahr 2010 realisiert werden können.

St.GallenSt.Gallen / 26.05.2009 - 10:53:24