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Pendeln zwischen Appenzell und Hollywood

Appenzell. Noch ist Urs Inauen nicht als Stuntman auf Kinoleinwänden zu sehen - aber der 22-Jährige ist auf dem besten Weg dorthin, wie er appenzell24.ch im Interview verriet.

Er hat in seinem Leben schon Dinge getan, von denen andere nicht einmal zu träumen wagen. Oder von denen andere nicht im Geringsten träumen wollen… Er sprang aus dem Helikopter in einen eiskalten See, liess sich von einer kaltblütigen Mafia niederstrecken, stürzte sich durch ein Glasfenster, prügelte sich mit einer Frau und warf sich auf ein fahrendes Auto.

Dies würde wahrlich nicht jedermann tun. Aber man ist ja auch nicht jedermann: Urs Inauen aus Appenzell schaffte es bis ins Finale der SF-Sendung «Stunthero» – und scheiterte wegen eines Blackouts. Trotz der Enttäuschung darüber, dass er nicht «Stunthero» geworden war, bewies der 22-Jährige, dass er ein Kämpferherz hat und versprach nach seinem Ausscheiden den Traum vom Stuntman weiterzuverfolgen. Und Inauen hat nicht zu viel versprochen.

Im Interview verrät der Appenzeller in einem Kauderwelsch zwischen Innerrhödler Dialekt und Englischen Stunt-Fachbegriffen, wie es ihm nach «Stunthero» ergangen ist.

Herr Inauen, ein (Beinahe-)Stunthero aus den eigenen Reihen erregt in Appenzell sicherlich Aufsehen. Wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert, dass sie im Finale gescheitert sind?
Die Reaktionen waren unterschiedlich. Es gab Leute, die es bedauerten, dass ich nicht gewonnen habe. Andere hingegen haben gemeint, sie hätten schon im Voraus gewusst, dass ich scheitern werde. Die Sendung wurde erst zwei Monate nachdem ich aus Amerika zurückgekommen bin ausgestrahlt und natürlich durfte ich in dieser Zeit niemandem verraten, ob ich gewonnen hatte oder nicht. Mein Umfeld war extrem neugierig darauf, es zu erfahren und für mich war es sehr schwierig, nichts zu verraten – nur meine Eltern und mein bester Freund haben gewusst, dass ich nicht «Stunthero» geworden bin.

Waren Sie sehr enttäuscht darüber, dass Sie nicht gewonnen haben?
Die Emotionen traten erst hervor, als ich die Sendungen im Fernsehen sah. Natürlich war ich auch in dem Moment, in dem wir erfuhren, wer gewonnen hatte, sehr enttäuscht. Es war allerdings nicht schwierig, mit der Enttäuschung umzugehen, denn das Team vor Ort ermunterte mich und sagte mir: «Mach weiter, es ist Potential da, um Stuntman zu werden». Und schlussendlich war die ganze Sendung nur ein Spiel.

Was war nachträglich Ihr schönstes Erlebnis bei «Stunthero»?
Alles. Es hat schon mit einem Knall begonnen: Am ersten Tag wurden wir mit einem Helikopter abgeholt und mussten aus diesem dann in einen kalten See springen. Schön fand ich auch, dass ich so viele interessante Leute kennen gelernt habe.

Man munkelt, Sie seien nach «Stunthero» nach Amerika geflogen und hätten auf eigene Faust versucht, Stuntman zu werden. Was ist an diesem Gerücht dran?
Ich war in der Schweiz bis alle Sendungen ausgestrahlt waren und habe bei Ochsner Sport als Sportartikelverkäufer gearbeitet, um Geld für einen Amerika-Aufenthalt zu verdienen. Am 26. November bin ich für drei Monate nach Los Angeles geflogen, um dort zu trainieren, ich bin aber dann nur zwei Monate da geblieben. Ich hatte die Möglichkeit, bei Bob Yerkes – einer Amerikanischen Stuntlegende – in einem Wohnwagen im Garten zu wohnen und dort zwei Mal pro Woche zu trainieren. In diesem Garten gab es diverse Trainingsobjekte, die ein Stuntman braucht. Ein Beispiel dafür ist der so genannte Highfall-Turm, ein Höhensturzturm von dem man sich in die Tiefe auf ein Luftkissen stürzt. Hauptsächlich habe ich in Amerika trainiert und auch viele Kontakte geknüpft, da Vitamin B in diesem Business äusserst wichtig ist. Im Training habe ich mit zahlreichen Leuten zusammengearbeitet, die ich noch nicht kannte. Bei einem Stunt ist Teamwork das A und O, wir waren wie eine grosse Familie.

Manch einer stellt sich Hollywood als Glitzer- und Glamourmekka schlechthin vor, in dem man an jeder Ecke Paris Hilton oder Tom Cruise begegnen könnte – wie haben Sie Hollywood erlebt?
Promis habe ich keine getroffen, «nur» wichtige Leute aus dem Stuntbusiness. Aber in Los Angeles gibt es alles: Von Menschen, die in protzigen Häusern leben bis zu den Homeless, den Obdachlosen. Ehrlich gesagt habe ich mir die Stadt auch glamouröser vorgestellt – das soll aber nicht heissen, dass ich enttäuscht wäre. Ich halte nämlich überhaupt nichts von Glamour.

An welches spezielle Erlebnis in Los Angeles erinnern Sie sich besonders gerne?
Ich habe einen Stuntman kennen gelernt, der in einem Schloss auf einem Hügel über den Dächern von Los Angeles lebt. Die Aussicht von dort oben war der helle Wahnsinn, man sah alles – von L.A. Downtown bis zum Ozean.

Weshalb sind Sie überhaupt nach Appenzell zurückgekehrt?
In erster Linie war ich zur falschen Zeit am richtigen Ort. In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr finden keine Kameradrehs statt, zudem regnete es oft, dies verunmöglichte das Training. Hinzu kam noch, dass die Drehbuchautoren streikten und es wenig Arbeit für die Stuntmen gab. Trotzdem bin ich froh, dass ich nach Amerika gereist bin. Ich wollte denen, die ich während der Dreharbeiten zu «Stunthero» getroffen habe zeigen, dass ich wirklich den Willen habe, Stuntman zu werden. Und ich wollte auch den Kontakt zu ihnen nicht verlieren, deshalb war es mir wichtig, so schnell wie möglich wieder nach Amerika zurückzukehren. Wenn ich jetzt noch einmal wählen könnte, würde ich mich für eine andere Jahreszeit entscheiden.

Der zweite Grund für meine Rückkehr nach Appenzell waren die Finanzen. Ich hatte Geld für einen dreimonatigen Aufenthalt zusammengespart und konnte zwar gratis wohnen und trainieren, verdiente aber während dieser Zeit auch nichts.

Sie hätten also im Prinzip drei Monaten in den USA bleiben können. Weshalb sind Sie bereits nach zwei Monaten zurückgekehrt?
Wegen der toten Zeit, die ich erwischt habe. Ich spare das übrig gebliebene Geld und werde wieder nach Los Angeles gehen – aber zu einer Zeit, in der ich mehr profitieren kann. «Stunthero» war für mich ein Sprungbrett, seit der Sendung ging es von Null auf Hundert. Seit dem Beginn von «Stunthero» ist nun ein halbes Jahr vergangen und ich bin sehr zufrieden, mit dem, was ich in dieser Zeit erreicht habe.

Appenzell und Amerika trennen Welten. Was sind die prägnantesten Unterschiede, die sie bezogen auf Mentalität und Kultur erlebt haben?
Die Amerikaner sind freundlich, meinen dies aber nicht immer ernst. Wenn Appenzeller freundlich sind, meinen sie es immer ernst. Im Gegenzug sind die Menschen in Los Angeles offener als die Appenzeller, dafür ernähren sich Appenzeller gesünder als Amerikaner. Die Amerikaner können kein Brot backen, es gibt wirklich kein anständiges Brot dort – zumindest habe ich nirgends eines kaufen können. Das Beste, was ich bekommen konnte, war ein Baguette. Und apropos Essen: Ganz ehrlich – ich esse wirklich lieber Appenzeller Fondue als Burger.

Was haben Sie in Amerika vermisst?
Die Berge – den Alpstein ganz besonders – und meine Freunde und Familie. Zudem habe ich wie gesagt «richtiges» Brot vermisst und dass man das Wasser aus dem Hahnen auch wirklich trinken kann und es nicht nach Chlor schmeckt. Appenzell ist einfach «heemeliger».

Sie schwärmen von Amerika, aber auch von ihrer Heimat. Hand aufs Herz: Appenzell oder Hollywood?
Ich bin ein Appenzeller, ich bin dort zu Hause und ich liebe Appenzell. Wenn das Stuntbusiness in der Schweiz dasselbe wäre wie in Amerika, würde ich zu hundert Prozent hier bleiben.

Aber – wenn ich die Möglichkeit hätte, in den USA arbeiten zu können – also wenn ich ein Visa oder eine Arbeitsbewilligung bekäme – würde ich es versuchen. Falls ich dann auch erfolgreich wäre, würde ich sicherlich auch für eine längere Zeit in Amerika bleiben. Und es gibt so viele Flugzeuge auf dieser Welt, um in die Schweiz zurück zu fliegen… Natürlich ist pendeln zwischen Appenzell und Hollywood eine grosse Sache. Aber ich bin so gerne weg und so gerne zu Hause – da kann ich mir das Pendeln durchaus vorstellen.

Was haben Sie für konkrete Pläne für die Zukunft? Arbeiten Sie nun weiterhin im Sportfachhandel?
Einen konkreten Plan gibt es nicht. Ich werde weiterhin mein Ziel verfolgen, Stuntman zu werden. Gerne würde ich in der Schweiz oder in anderen Ländern Europas Stunt-Aufträge ausführen und somit Erfahrungen sammeln. Ich kenne Leute aus dem Schweizer Stuntbusiness und arbeite daran, einen Auftrag zu bekommen. Momentan bin ich auf dem Bau beschäftigt – aber falls ich einen Auftrag bekäme, würde ich alles andere in den Hintergrund stellen. Das ist auch für meinen Chef kein Problem.

Der Mann, der ins kalte Wasser springt, nichts von Glamour hält und wohl als einziger Innerrhoder zwischen Appenzell und Amerika pendelt… Wir werden bestimmt noch von ihm hören. Und auch wenn Inauen das Finale der SF-Sendung nicht für sich entscheiden konnte – in den Herzen der Appenzeller hat sich der sympathische Stuntman in spe bombensicher einen Platz als (Stunt-)Hero erobert.


Urs Inauen persönlich

Mein Lebensmotto:
Braucht man das?

Meine grosse Liebe:
Gleitschirmfliegen.

Meine grösste Macke:
Gleitschirmfliegen (lacht). Nein, ich bin ein Schnorri.

Was ich schon immer mal tun wollte:
Die Welt kennen lernen.

Mein Lebensziel:
Das Leben in vollen Zügen geniessen.

Ich bin süchtig nach:
Bewegung – aber ich kann auch mal abschalten.

Das wollte ich der Welt schon immer mal mitteilen:
«Bliibed gsond ond gfräässig».

Das habe ich in den letzten 22 Jahren am meisten bereut:
Nichts, ich stehe zu meinen Fehlern.

Diese Person wollte ich schon immer mal treffen:
Den Yeti.

Dieses Erlebnis hat mein Leben entscheidend geprägt:
Der verregnete, langweilige Tag in Davos, an dem ich den Trailer zu «Stunthero» sah.

Darauf vertraue ich, wenn ich einen Stunt ausführe:
Auf mich selbst und das Team.

Was ich nie erleben möchte:
Obdachlos und alleine zu sein.

Appenzell InnerrhodenAppenzell Innerrhoden / 13.02.2008 - 13:37:00